Neue EU-Verordnung: «Rezyklatmarkt steht vor Veränderungen»

Die Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) betrifft EU-ansässige Unternehmen sowie Unternehmen, die Verpackungen in die EU einführen. Mit der neuen Verordnung werden Verpackungsabfälle in der EU reduziert und die Kreislaufwirtschaft gefördert. Die PPWR soll unter anderem festlegen, dass Kunststoffverpackungen bis 2030 einen Mindestanteil an Post-Consumer-Recyclingmaterial (PCR) enthalten. Die Verordnung wird voraussichtlich im Laufe dieses Jahres verabschiedet. Neben diesen Plänen gibt es bereits konkrete EU-Vorschriften für PET-Einweg-Getränkeflaschen: Ab dem 1. Januar 2025 muss jede Flasche mindestens 25 Prozent recycelten Kunststoff enthalten.

Elmar, wie sind die geplanten EU-Regelungen zu beurteilen?

Grundsätzlich stellen die neuen Vorschriften unsere Branche zwar vor Herausforderungen, vor allem bieten sie die Möglichkeit mit Nachdruck nachhaltige und innovative Lösungen zu entwickeln. Für mich und Meraxis steht fest, dass eine funktionierende Kreislaufwirtschaft eine Grundvoraussetzung für die Zukunftsfähigkeit der Kunststoffindustrie ist. Dafür engagieren wir uns mit oder ohne gesetzliche Vorschriften.

Konkrete Forderungen wie der Mindestanteil von 25 Prozent recyceltem PET pro Einweg-Flasche sind nicht zu unterschätzen. Laut einer Studie, die 2022 im Auftrag der NRO Zero Waste Europe durchgeführt wurde, enthalten die in der EU genutzten Flaschen im Durchschnitt nur 17 Prozent recyceltes PET. Aktuell liegt europaweit die Recyclingquote bei Kunststoffflaschen bei rund 50 Prozent. Die EU-Vorgaben sind also ambitioniert – und vor allem sind sie verbindlich.

Neben dem Rezyklat-Anteil in PET-Flaschen oder der geplanten neuen PPWR haben einige EU-Staaten bereits eigene Kunststoffsteuern eingeführt oder planen dies. Für Verarbeiter bedeutet dies, dass sie einerseits alle relevanten Vorschriften im Blick behalten müssen. Andererseits sollten sie sich frühzeitig Gedanken über den Einsatz und die Beschaffung von Rezyklaten machen, damit sie rechtzeitig vorbereitet sind.

Welche Auswirkungen werden die Verordnungen auf dem Markt haben?

Die neuen Verordnungen werden zweifellos zu einem enormen Nachfrageschub bei Rezyklaten führen. Allerdings sind die am Markt verfügbaren Mengen knapp, insbesondere wenn es um hochwertige Rezyklate geht. Denn viele Produkte erfordern Material, das wie Neuware aussieht und ein «sauberes», ästhetisch ansprechendes Aussehen hat. Und natürlich muss das Material auch bestimmte technische Eigenschaften erfüllen. Das schränkt die Auswahl an Rezyklaten ein, die in Frage kommen. Nur wer schnell handelt, sich auf dem Rezyklatmarkt gut auskennt und zuverlässige Lieferanten hat, kann sich die benötigten Mengen sichern. Gerade für mittelständische Unternehmen ist das eine Herausforderung, bei der wir sie tatkräftig unterstützen können.

Wie ist Meraxis auf die steigende Nachfrage an Recyclingmaterial vorbereitet?

Wir sind gerüstet, weil wir bereits ein sehr breit aufgestelltes Lieferantennetzwerk haben. Den Ausbau treiben wir weiterhin kontinuierlich voran. Im Herbst 2023 haben wir zum Beispiel RC Plast als neuen Partner gewonnen. Der dänische Hersteller liefert hochwertiges recyceltes Polypropylen (R-PP). Unser neuester stra­te­gischer Partner ist das finnische Unternehmen Fortum Recycling & Waste. Das Angebot umfasst PP-, HDPE- und LDPE-Rezyklate sowie maßgeschneiderte Re-Compounds. Durch diese und weitere starke Lieferanten sichern wir für unsere Kundinnen und Kunden selbst hochwertige Recyclingmaterialien in großen Mengen. Damit lösen wir für sie das zentrale Problem der Beschaffung.

Aber auch für alle weiteren Herausforderungen, die mit einem zunehmenden Rezyklateinsatz oder dem Umstieg von Neuware auf Rezyklate zusammenhängen, sind wir ideal aufgestellt. Weil Meraxis ein One-Stop Shop ist, also ein Full-Service-Anbieter, stellen wir Kundinnen und Kunden auch unser Logistik-, Material- und Produktwissen zur Verfügung.

Vor allem Kunststoffverarbeiter, die bisher noch wenig Erfahrung mit Rezyklaten haben, können von den Services des One-Stop Shops profitieren. Welche Art von Beratung bietet Meraxis an?

Unsere Expertinnen und Experten verfügen über umfangreiches Branchenwissen und können Verarbeiter bei der Auswahl und Einführung des richtigen Rezyklats unterstützen. Wir beschäftigen uns seit Jahren intensiv mit Fragen wie: Welches Material eignet sich am besten für welchen Einsatzzweck? Wie kann der Rezyklatanteil in einer Anwendung erhöht werden? Welche Designanpassungen sind notwendig? Anders als reine Polymer-Distributoren haben wir zudem eine hauseigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung, in der wir Materialeigenschaften wie Dichte, Bruchfestigkeit, Temperatur-, Wärmebeständigkeit genau messen und ermitteln können.

Darüber hinaus sind digitale Lösungen ein weiterer, wichtiger Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit. Wir arbeiten daher an innovativen Tools, die beispielsweise den CO2-Fußabdruck sichtbar machen. Bereits vor dem Kauf weisen wir für unsere Kundinnen und Kunden transparent aus, welche Emissionen ein Produkt verursacht. Dies gibt der sogenannte CO2-Äquivalent an. Die ermittelten Werte basieren auf auditierten Daten unserer Lieferanten sowie anerkannten Emissionsdatenbanken wie Ecoinvent. Die Werte werden automatisch nach den gängigen Industriestandards errechnet und über unser digitales Kundenportal als Vorabinformation jedem Angebot zur Seite gestellt. So tragen wir dazu bei, dass ökologische Aspekte in die Kaufentscheidung einfließen können.

Wir sprachen eingangs über Innovationen, welche die PPWR antreibt. Welche Verpackungstrends und andere Entwicklungen sind zu erwarten?

Wir werden bestimmt nicht nur mehr wiederverwendbare, sondern auch kompostierbare Verpackungslösungen sehen. Auch der verstärkte Einsatz von Biopolymeren ist denkbar. Dieser Markt wächst zwar, wird aber vorerst eine Nische bleiben – wenn auch eine interessante. Im Moment ist dies schlichtweg eine Frage der Verfügbarkeit und des Preises. Weil es noch nicht so viel Biopolymere auf dem Markt gibt, sind sie in der Regel noch teuer. Es gibt weltweit nur rund 2 Mio. Tonnen Biopolymere. Zum Vergleich: Der globale Gesamtmarkt für Polymere beträgt rund 400 Mio. Tonnen. Trotzdem sind Biopolymere für bestimmte Produkte wie Verpackungen, Werbeartikel oder auch Haushaltsgegenstände schon heute interessant. Auch wir bei Meraxis haben Biopolymere in unserem Portfolio.

Auch die Recyclingprozesse werden sich verändern. Material, das durch mechanisches Recycling gewonnen wird, weist in der Regel keine lebensmitteltauglichen Qualitäten auf, die den europäischen Vorschriften entsprechen. Chemisches Recycling kann dies in der Theorie leisten. Denn bei chemischen Verfahren werden Polymere in Monomere zurückgeführt und anschließend neu aufgebaut. Das Ergebnis ist ein Rezyklat von hoher Qualität, vergleichbar mit Neuware. Allerdings steckt das chemische Recycling noch in den Kinderschuhen. Es wird also noch dauern, bis dadurch Rezyklate in größerem Umfang bereitstehen. Dennoch glauben wir an die zunehmende Bedeutung von chemischen Recyclinganbietern und arbeiten bereits jetzt daran, Partnerschaften aufzubauen, von denen unsere Kundinnen und Kunden in Zukunft profitieren können.

Vielen Dank für diese spannenden Einblicke, Elmar.

Sie interessieren sich für das Thema? Elmar Schröter steht Ihnen gerne zur Verfügung. Melden Sie sich einfach per E-Mail oder LinkedIn.

elmar.schroeter-NOSPAM-meraxis-group.com
Elmar Schroeter | LinkedIn

Zurück